Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur
Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur
(MODIG)
vom …
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 75 a , 81 a , 83, 84, 86, 87, 87 a , 88 und 92 der Bundesverfassung ¹ , nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 14. Mai 2025 ² ,
beschliesst:
¹ SR 101
² BBl 2025 1805
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Zweck und Gegenstand
¹ Dieses Gesetz bezweckt die Vereinfachung des Austauschs von Mobilitätsdaten als Beitrag für ein effizientes Mobilitätssystem der Schweiz, damit:
a.
die Verkehrsinfrastruktur optimal geplant, betrieben und unterhalten werden kann;
b.
die Mobilitätsangebote im Personenverkehr und Gütertransport optimal geplant und betrieben sowie einfacher kombiniert werden können;
c.
Infrastrukturen und Mobilitätsangebote besser ausgelastet werden können.
² Es regelt:
a.
den Aufbau und den Betrieb der Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI) durch den Bund sowie deren Funktionen und Teilinfrastrukturen;
b.
die Zuständigkeiten und Aufgaben des Kompetenzzentrums Mobilitätsdaten (KOMODA);
c.
die Finanzierung der MODI.
Art. 2 Geltungsbereich
Dieses Gesetz gilt für:
a.
die am Betrieb der MODI beteiligten Bundesstellen;
b.
die natürlichen und juristischen Personen sowie die Stellen von Bund, Kantonen und Gemeinden, welche die MODI nutzen.
Art. 3 Begriffe
In diesem Gesetz bedeuten:
a.
Mobilitätsdaten: folgende Daten sowie deren Metadaten:
1.
Geodaten mit Bezug zur Mobilität und Verkehrsinfrastruktur,
2.
Betriebsdaten einer Verkehrsinfrastruktur oder eines Mobilitätsangebots, einschliesslich Daten über den geplanten, den aktuellen und den prognostizierten Betriebszustand,
3.
Tarifdaten der Mobilitätsangebote, einschliesslich deren Konditionen,
4.
Transaktionsdaten zu einem Mobilitätsangebot, einschliesslich Daten zu einzelnen Anfragen, Reservationen, Vertragsabschlüssen und Abrechnungen,
5.
Geschäftsdaten zu Mobilitätsangeboten zum gegenseitigen Austausch unter Geschäftspartnern zur Wahrnehmung ihrer Unternehmenszwecke,
6.
Behördendaten zur Verkehrsinfrastruktur und zu Mobilitätsangeboten zum gegenseitigen Austausch zwischen Stellen der öffentlichen Hand zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben;
b.
Mobilitätsangebot: Produkt oder Dienstleistung im Mobilitätsbereich, mit oder ohne Beförderungsleistung, die zu Land, Luft oder Wasser für Personen oder Güter bereitgestellt wird;
c.
digitaler Dienst: Software-Komponente, die technische Funktionen der MODI über eine Schnittstelle zugänglich macht.
2. Abschnitt: Mobilitätsdateninfrastruktur
Art. 4 Funktion
Die MODI dient den Nutzerinnen und Nutzern dazu, sich zu vernetzen sowie standardisiert Mobilitätsdaten und digitale Dienste bereitzustellen, zu verknüpfen und zu beziehen.
Art. 5 Aufbau und Betrieb
¹ Für Aufbau und Betrieb der MODI ist das KOMODA zuständig.
² Der Bundesrat legt fest, welches Bundesamt das KOMODA führt.
Art. 6 Grundsätze für den Aufbau und den Betrieb
Der Aufbau und der Betrieb der MODI erfolgen nach den folgenden Grundsätzen:
a.
Die MODI ist von den Marktakteuren unabhängig.
b.
Alle Nutzerinnen und Nutzer werden beim Zugang zur MODI sowie bei der Bereitstellung und beim Bezug der Daten gleichbehandelt.
c.
Die Ausgestaltung der Funktionen der MODI orientiert sich an den Bedürfnissen der Betroffenen.
Art. 7 Teilinfrastrukturen
Die MODI besteht aus der Nationalen Geodateninfrastruktur für die Mobilität (Verkehrsnetz CH) und der Nationalen Datenvernetzungsinfrastruktur Mobilität (NADIM).
Art. 8 Verkehrsnetz CH
¹ Das Verkehrsnetz CH wird durch das Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) betrieben.
² Es dient der Verknüpfung von raumbezogenen Mobilitätsdaten sowie als Grundlage für die Abbildung, den Austausch, die Kombination und die Nutzung dieser Daten.
³ Es umfasst Geodaten der öffentlichen Hand und Privater über die Mobilität und die Verkehrsinfrastruktur sowie Systeme der Informationstechnologie (IT-Systeme) und digitale Dienste zur räumlichen Verknüpfung von Mobilitätsdaten.
⁴ Die Kantone und Gemeinden stellen dem Bund für das Verkehrsnetz CH die aktuellen Geobasisdaten nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Geoinformationsgesetzes vom 5. Oktober 2007 ³ zur Verfügung.
⁵ Behörden und Private können für das Verkehrsnetz CH weitere aktuelle Geodaten zur Verfügung stellen.
³ SR 510.62
Art. 9 NADIM
¹ Die NADIM wird durch das KOMODA betrieben.
² Sie dient der Bereitstellung und dem Bezug von Mobilitätsdaten sowie der Vernetzung der Nutzerinnen und Nutzer.
³ Sie umfasst Mobilitätsdaten sowie IT-Systeme zur standardisierten und vernetzten Nutzung von Mobilitätsdaten und digitalen Diensten.
Art. 10 Anforderungen an Daten und digitale Dienste
¹ Der Bundesrat legt unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklungen zur Sicherstellung der Interoperabilität Anforderungen fest, welche die Daten und digitalen Dienste erfüllen müssen, die über die MODI bereitgestellt werden. Die Anforderungen betreffen:
a.
die Standards zu Datenstrukturen, Datenmodellen, Identifikatoren und Schnittstellen, die anzuwenden sind;
b.
die Qualität, Vollständigkeit, Aktualität und Historisierung der Daten;
c.
die Gewährleistung des Datenschutzes und der Datensicherheit;
d.
die Dokumentation der Daten und Dienste.
² Der Bundesrat kann die Festlegung der Anforderungen an das zuständige Bundesamt delegieren.
Art. 11 Rechte und Pflichten zur Nutzung der MODI
¹ Die Nutzung der MODI ist freiwillig, soweit sich aus dem anwendbaren Recht des Bundes und der Kantone nichts anderes ergibt.
² Wer die MODI nutzt, verpflichtet sich, die Anforderungen nach Artikel 10 einzuhalten.
³ Die Nutzerinnen und Nutzer können ihre Bedürfnisse über die Organisationsstrukturen zum Einbezug der Betroffenen einspeisen.
Art. 12 Rechte und Pflichten betreffend die Veröffentlichung von Mobilitätsdaten
¹ Nutzerinnen und Nutzer der MODI entscheiden im Rahmen des anwendbaren Rechts, welchen Teil ihrer Mobilitätsdaten sie über die MODI als offene Daten oder nur einem eingeschränkten Nutzerkreis zugänglich machen .
² Auf Daten, die über die MODI bereitgestellt werden, ist Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 17. März 2023 ⁴ über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) nur anwendbar, wenn die Daten von Bundesbehörden eingeliefert werden, die dem EMBAG unterstehen.
⁴ SR 172.019
Art. 13 Evaluation
¹ Der Bundesrat überprüft erstmals acht Jahre nach Inbetriebnahme und anschliessend alle 4 Jahre die Zweckmässigkeit, die Umsetzung, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der MODI.
² Er erstattet der Bundesversammlung Bericht und beantragt die notwendigen Massnahmen.
3. Abschnitt: Kompetenzzentrum Mobilitätsdaten
Art. 14 Aufgaben
Das KOMODA hat insbesondere folgende Aufgaben:
a.
Es stellt sicher, dass die Grundsätze nach Artikel 6 eingehalten werden.
b.
Es beteiligt die Nutzerinnen und Nutzer an Aufbau und Betrieb der MODI, sorgt für die dafür nötigen Organisationsstrukturen und stellt sicher, dass alle Mobilitätsbereiche ausgewogen berücksichtigt werden.
c.
Es vertritt die Interessen der MODI in nationalen und internationalen Gremien und fördert die Koordination, Harmonisierung und Standardisierung der Mobilitätsdaten mit dem Ziel der Interoperabilität.
d.
Es erarbeitet unter Einbezug der Betroffenen je Branche Empfehlungen, welche der Daten nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 1-3 unentgeltlich, zeitnah, in maschinenlesbarer Form, in einem offenen Format und uneingeschränkt verwendbar bereitgestellt werden sollten.
e.
Es sorgt wo nötig für die Integration und die Konsolidierung der Mobilitätsdaten sowie für deren Bereitstellung.
f.
Es sorgt für die Bereitstellung der digitalen Dienste.
g.
Es kann die Nutzerinnen und Nutzer bei Bedarf technisch und fachlich unterstützen, insbesondere damit diese die Anforderungen nach Artikel 10 erfüllen können.
h.
Es betreibt das Incident-, Change- und Release-Management.
i.
Es koordiniert mit swisstopo den Betrieb der Teilinfrastruktur Verkehrsnetz CH.
Art. 15 Einschränkung des Zugriffs
¹ Das KOMODA kann Datenlieferungen bestimmter Nutzerinnen und Nutzern zurückweisen oder den Zugriff auf die Systeme für bestimmte Nutzerinnen und Nutzer vorübergehend einschränken oder verweigern, wenn die betreffenden Nutzerinnen und Nutzer:
a.
Daten liefern, die den rechtlichen Vorgaben insbesondere zum Datenschutz nicht entsprechen;
b.
die festgelegten Anforderungen an die Mobilitätsdaten und digitalen Dienste nicht einhalten;
c.
Daten nicht rechtskonform nutzen.
² Der Bundesrat regelt die Modalitäten.
Art. 16 Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten
¹ Das KOMODA ermöglicht den Anbietern von Mobilitätsangeboten im In- und Ausland, Personendaten über die MODI auszutauschen, sofern:
a.
die Mobilitätsanbieter bestätigen, über die Einwilligung der betroffenen Person zu verfügen; und
b.
die Daten benötigt werden:
1.
zur Kontrolle der Berechtigung der Inanspruchnahme des Mobilitätsangebotes, oder
2.
zur Ermöglichung von individuell zugeschnittenen Angeboten.
² Es kann den Austausch von Daten über Nachweise für besondere Berechtigungen aufgrund von Behinderung oder sozialer Hilfe zwischen Anbietern der jeweiligen Mobilitätsangebote im In- und Ausland ermöglichen, sofern:
a.
der Mobilitätsanbieter bestätigt, über die für den Einzelfall erklärte Einwilligung der betroffenen Person zu verfügen; und
b.
die Daten:
1.
für die Erbringung eines individuellen Mobilitätsangebots für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen notwendig sind, oder
2.
zur Kontrolle der Berechtigung der individuellen Bepreisung des Mobilitätsangebots benötigt werden.
³ Erweist sich die Anonymisierung von Personendaten, die über die MODI ausgetauscht werden, als unzuverlässig, insbesondere aufgrund neuer technischer Entwicklungen, so trifft das KOMODA die zum Schutz der betroffenen Personen erforderlichen Massnahmen, insbesondere indem es den Nutzerinnen und Nutzern untersagt, bereits bezogene Daten weiterhin zu nutzen, und sie verpflichtet, diese zu vernichten oder wirksam zu anonymisieren.
Art . 17 Bearbeitung und Bekanntgabe von Daten juristischer Personen
¹ Das KOMODA kann zur Unterstützung der Nutzerinnen und Nutzer in ihren Geschäftstätigkeiten Daten juristischer Personen bearbeiten und diese den betroffenen Nutzerinnen und Nutzern bekanntgeben.
² Es kann Daten über die Verweigerung des Zugriffs nach Artikel 15 anderen Nutzerinnen und Nutzer der MODI bekannt geben, sofern diese Daten der Nutzerin oder des Nutzers bezogen haben oder beziehen wollen, der oder dem der Zugriff verweigert worden ist.
³ Es ermöglicht juristischen Personen, Geschäftsgeheimnisse auszutauschen, sofern die betroffenen Nutzerinnen und Nutzer die Einwilligung zum Austausch erteilt haben.
4. Abschnitt: Finanzierung der MODI
Art. 18 Grundsätze
¹ Die Finanzierung der ungedeckten Kosten erfolgt je zur Hälfte über:
a.
den Fonds für den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehr; und
b.
den Fonds zur Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur.
² Der Bundesrat legt 12 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Gebühren für eine stärkere Nutzerfinanzierung fest.
Art. 19 Vergütung von Kosten aufgrund hoher Anzahl Systemanfragen
Nutzerinnen und Nutzer, welche durch eine hohe Anzahl von Systemanfragen innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine Beeinträchtigung des Systems herbeiführen, haben die Grenzkosten zu vergüten, die durch diese Anfragen entstehen.
Art. 20 Drittmittel
¹ Können Begehren von Nutzerinnen und Nutzern der MODI zur Entwicklung von technischen Lösungen durch das KOMODA insbesondere aufgrund eingeschränkter finanzieller Mittel nicht oder noch nicht erfüllt werden, können sich die betroffenen Nutzerinnen und Nutzer an den Kosten der Entwicklung beteiligen.
² Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Umsetzung.
³ Technische Lösungen, die mit einer Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer an den Kosten entwickelt worden sind, stehen allen Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung.
Art. 21 Finanzhilfen
¹ Datenlieferantinnen und Datenlieferanten können während zwei Jahren nach Inbetriebnahme der MODI beim KOMODA Gesuche um finanzielle Unterstützung für die Anbindung ihrer Systeme an die MODI einreichen. Die Unterstützung erfolgt in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen im Umfang von maximal 40 Prozent der Kosten der Anbindung und unter der Voraussetzung, dass verfügbare Mittel vorhanden sind.
² Der Bundesrat regelt die konkrete Ausgestaltung der Finanzhilfen sowie die Höhe der Beiträge. Er berücksichtigt dabei die finanzielle Leistungsfähigkeit der Datenlieferantinnen und Datenlieferanten sowie der Nutzen ihrer Daten.
5. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 22 Vollzug
Der Bundesrat erlässt die Ausführungsvorschriften.
Art. 23 Änderung eines anderen Erlasses
Das Bahninfrastrukturfondsgesetz vom 21. Juni 2013 ⁵ wird wie folgt geändert:
Art. 4 Abs. 1 Bst. f
¹ Die Bundesversammlung legt gleichzeitig mit dem Bundesbeschluss über den Voranschlag des Bundes mit einfachem Bundesbeschluss die Mittel fest, die dem Bahninfrastrukturfonds jährlich entnommen werden. Die Mittel werden auf die folgenden Bereiche aufgeteilt:
f.
Aufbau und Betrieb der Mobilitätsdateninfrastruktur nach dem Bundesgesetz vom … ⁶ über die Mobilitätsdateninfrastruktur.
⁵ SR 742.140
⁶ SR …
Art. 24 Referendum und Inkrafttreten
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Bundesrecht
Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur (MODIG) (Entwurf)
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