BBl 2025 2207
CH - Bundesblatt

Allgemeinverfügung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Einfuhr und das befristete Inverkehrbringen von nicht zugelassenen Impfstoffen gegen die Dermatitis nodularis (Lumpy Skin Disease, LSD)

Allgemeinverfügung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Einfuhr und das befristete Inverkehrbringen von nicht zugelassenen Impfstoffen gegen die Dermatitis nodularis (Lumpy Skin Disease, LSD)
vom 11. Juli 2025
1. Sachverhalt
1.1 Die Dermatitis nodularis (Lumpy Skin Disease, LSD) ist eine hochansteckende Tierseuche der Tiere der Rindergattung, Büffel und Bisons (vgl. Art. 2 Bst. g sowie Art. 111 a -Art. 111 e der Tierseuchenverordnung, SR 916.401 ). Die epidemiologische Lage zur LSD in Europa hat sich in den vergangenen Tagen deutlich verschärft: Am 22. Juni 2025 wurden neue Ausbrüche auf Sardinien und in der Lombardei (Norditalien) gemeldet. Nur wenige Tage später, am 29. Juni 2025, wurde erstmals ein Fall in Frankreich, nahe der Grenze zur Schweiz, bestätigt. Eine Überwachungszone wurde eingerichtet, welche beinahe den gesamten Kanton Genf beinhaltet. Das Risiko einer Ausbreitung von LSD durch Vektoren wird auch in der Schweiz immer grösser.
1.2 Aufgrund der raschen Ausbreitung und des Näherrückens des Virus an die Schweizer Grenze ist der Bedarf nach geeigneten Impfstoffen zum Schutz der Tiere der Rindergattung, Büffel und Bisons in der Schweiz sehr gross. Solche sind jedoch weder in der Schweiz noch in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen.
1.3 In der Europäischen Union (EU) werden Impfstoffe ohne Zulassung angewendet (befristete Anwendungsgenehmigung gemäss Artikel 110 Absatz 2 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Tierarzneimittel [EU 2019/6]).
1.4 Folgende Impfstoffe sind gegen LSD geeignet:
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Bovilis Lumpyvax-E (Herstellerin: Intervet International B.V. - MSD Animal Health)
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OBP Lumpy Skin Disease (Herstellerin: Onderstepoort Biological Products SOC Ltd)
2. Erwägungen
2.1 Nach Artikel 9 und 20 Absatz 1 des Heilmittelgesetzes (HMG, SR 812.21 ) dürfen Tierarzneimittel nur eingeführt und in Verkehr gebracht werden, wenn sie zugelassen oder nicht zulassungspflichtig sind.
2.2 Nach Artikel 9 des Tierseuchengesetzes (TSG, SR 916.40 ) treffen Bund und Kantone alle Massnahmen, die nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und der Erfahrung angezeigt erscheinen, um das Auftreten und die Ausdehnung einer Tierseuche zu verhindern.
2.3 Die unter Ziffer 1.4 aufgeführten Impfstoffe sind weder in der Schweiz noch in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen. Da zum jetzigen Zeitpunkt nicht damit gerechnet werden kann, dass in absehbarer Zeit ein Impfstoff gegen LSD zugelassen wird, wird gestützt auf Artikel 9 TSG die Einfuhr und das befristete Inverkehrbringen der nicht-zugelassenen Impfstoffe genehmigt. Die Allgemeinverfügung ist einstweilen bis zum 15. Dezember 2025 gültig.
2.4 Die Fachinformation für den jeweiligen Impfstoff muss in einer Landessprache oder auf Englisch vorliegen.
2.5 Die gute Herstellungspraxis und die gute Vertriebspraxis für Heilmittel (GMP/GDP) müssen auch im Umgang mit den Impfstoffen unter Ziffer 1.4 eingehalten sein. Folglich dürfen nur Unternehmen die Impfstoffe einführen und vertreiben, die für andere Tierarzneimittel über eine Einfuhr- und Grosshandelsbewilligung für verwendungsfertige Tierarzneimittel inklusive Marktfreigabe von Swissmedic verfügen und ihren Geschäftssitz oder eine Zweigniederlassung in der Schweiz haben. Sie müssen sicherstellen, dass die importierten Impfstoffe von der jeweiligen Herstellerin technisch freigegeben worden ist.
2.6 Firmen benötigen eine zusätzliche Bewilligung des BLV, um die Impfstoffe für den befristeten Vertrieb in der Schweiz einzuführen. Hierzu lassen sie dem BLV folgende Angaben zukommen:
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Bezeichnung des Präparates
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Name und Adresse des Exporteurs
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Name und Adresse des Importeurs
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Zollstelle
Das BLV prüft den Antrag und erteilt gegebenenfalls die Einfuhrbewilligung. Diese Bewilligung muss der Warensendung für die Verzollung beigelegt werden.
2.7 Bevor die Marktfreigabe für die Schweiz durch die fachtechnisch verantwortliche Person des Schweizer Vertreibers erteilt wird, prüft das BLV die Unterlagen zu jeder eingeführten Charge. Dafür hat der Schweizer Vertreiber dem BLV folgende Dokumente zuzustellen:
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Bilder von einem Muster; mindestens auf einem Bild müssen die Chargennummer und der Verfall ersichtlich sein
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die Chargendokumentation des Herstellers: Die Konformitätserklärung und die technische Freigabe der Qualified Person müssen enthalten sein (Batch Certificate, bzw. Certificate of Conformity)
Erst nach Gutheissen durch das BLV darf die Charge in Verkehr gebracht werden.
Wer die Impfstoffe nach Ziffer 1.4 einführt, in Verkehr bringt oder an Tieren anwendet, kann unerwünschte Wirkungen und Vorkommnisse melden. Die Kontaktstelle für die Meldung von Pharmakovigilanzfällen ist Swissmedic (vetvigilance@swissmedic.ch).
2.8 Die Impfung hat durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt zu erfolgen.
2.9 Tierhaltende müssen über die Anwendung der Impfstoffe nach Ziffer 1.4 Buch führen.
2.10 Sobald in der Schweiz oder in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle ein geeigneter Impfstoff zugelassen und für die Schweiz verfügbar ist, dürfen die nicht zugelassenen Impfstoffe nach Ziffer 1.4 nicht mehr an Lager genommen werden. Allfällige bereits importierte nicht zugelassene Impfstoffe dürfen noch bis zur Erschöpfung der Bestände verteilt und angewendet werden.
2.11 Nach Artikel 59 b Absatz 2 TSG haben Einsprachen gegen Verfügungen, die sich auf das TSG stützen, keine aufschiebende Wirkung. Die vorliegende Verfügung ist damit sofort vollstreckbar.
Das BLV verfügt gestützt auf Artikel 9 TSG:
1. Die folgenden zwei Impfstoffe gegen LSD dürfen unter Vorbehalt von Ziffer 6 bis zum 15. Dezember 2025 in die Schweiz eingeführt und in Verkehr gebracht werden:
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Bovilis Lumpyvax-E (Herstellerin: Intervet International B.V. - MSD Animal Health)
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OBP Lumpy Skin Disease (Herstellerin: Onderstepoort Biological Products SOC Ltd)
2. Die Fachinformation für den jeweiligen Impfstoff muss in einer Landessprache oder auf Englisch vorliegen.
3. Die Unternehmen, welche die Impfstoffe nach Ziffer 1 einführen und befristet in Verkehr bringen, müssen über eine Einfuhr- und Grosshandelsbewilligung für verwendungsfertige Tierarzneimittel inklusive Marktfreigabe von Swissmedic verfügen, sich an die GMP/GDP Richtlinien halten und ihren Geschäftssitz oder eine Zweigniederlassung in der Schweiz haben. Sie müssen überprüfen, dass die importierten Impfstoffe von der jeweiligen Herstellerin technisch freigegeben worden sind. Für die Einfuhr der Ware müssen sie über eine zusätzliche Bewilligung des BLV nach Ziffer 2.6 der Erwägungen verfügen.
4. Die Impfung muss durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt erfolgen.
5. Tierhaltende, die ihre Tiere mit den Impfstoffen nach Ziffer 1 impfen lassen, müssen über die Anwendung Buch führen.
6. Sobald in der Schweiz oder in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle ein rechtskräftig geeigneter zugelassener Impfstoff gegen LSD für die Schweiz verfügbar ist, dürfen die nicht zugelassenen Impfstoffe nach Ziffer 1 nicht mehr an Lager genommen werden. Bis zur öffentlichen Bekanntgabe des Zulassungsentscheids an Lager genommene Impfstoffe dürfen noch bis zur Erschöpfung der Bestände verteilt und angewendet werden.
7. Diese Verfügung wird im Bundesblatt veröffentlicht.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Verfügung kann innert 10 Tagen nach Eröffnung schriftlich beim BLV, Schwarzenburgstrasse 155, 3003 Bern Einsprache erhoben werden (Art. 59 b Abs. 1 und 3 TSG). Die Einsprache hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die Beweismittel sind, soweit sie die Einsprache führende Partei in den Händen hat, beizulegen (Art. 52 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren; SR 172.021 ).
14. Juli 2025 Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
Bundesrecht
Allgemeinverfügung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Einfuhr und das befristete Inverkehrbringen von nicht zugelassenen Impfstoffen gegen die Dermatitis nodularis (Lumpy Skin Disease, LSD)
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