Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturgutes der Welt
Abgeschlossen in Paris am 23. November 1972 Von der Bundesversammlung genehmigt am 19. Juni 1975¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 17. September 1975 In Kraft getreten für die Schweiz am 17. Dezember 1975 (Stand am 20. März 2025) ¹ Art. 1 Abs. 1 des BB vom 19. Juni 1975 ( AS 1975 2221 )
I. Begriffbestimmung des Kultur‑ und Naturgutes
Art. 1
Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als «Kulturgut»:
– Denkmäler: Werke der Architektur, der monumentalen Skulptur und Malerei, Elemente oder Strukturen archäologischer Art, Inschriften, Höhlenwohnungen und Verbindungen solcher Kulturzeugnisse, die in historischer, künstlerischer oder wissenschaftlicher Hinsicht von aussergewöhnlichem universellem Wert sind;
– Gebäudegruppen: Gruppen einzelner oder miteinander verbundener Gebäude, die wegen ihrer Architektur, ihrer Geschlossenheit oder ihrer Einbettung in die Landschaft in historischer, künstlerischer oder wissenschaftlicher Hinsicht von aussergewöhnlichem universellem Wert sind;
– Stätten: Werke von Menschenhand oder gemeinsame Werke der Natur und des Menschen sowie Gebiete, einschliesslich archäologischer Stätten, die in historischer, ästhetischer, ethnologischer oder anthropologischer Hinsicht von aussergewöhnlichem universellem Wert sind.
Art. 2
Im Sinne dieses Übereinkommens gelten als «Naturgut»:
– Teile der Natur, die aus physikalischen und biologischen Formationen oder Formationsgruppen bestehen, die in ästhetischer oder wissenschaftlicher Hinsicht von aussergewöhnlichem universellem Wert sind;
– geologische und physiographische Formationen und genau abgegrenzte Gebiete, die den Lebensraum bedrohter Tier‑ und Pflanzenarten bilden, die in wissenschaftlicher Hinsicht oder im Hinblick auf ihre Erhaltung von aussergewöhnlichem universellem Wert sind;
– Naturstätten oder genau abgegrenzte Naturgebiete, die in wissenschaftlicher Hinsicht oder im Hinblick auf ihre Erhaltung oder ihre natürliche Schönheit von aussergewöhnlichem universellem Wert sind.
Art. 3
Es ist Sache jedes Vertragsstaats, die in seinem Hoheitsgebiet befindlichen, in den Artikeln 1 und 2 bezeichneten verschiedenen Güter zu identifizieren und abzugrenzen.
II. Schutz des Kultur‑ und Naturgutes auf nationaler und internationaler Ebene
Art. 4
Jeder Vertragsstaat erkennt an, dass es in erster Linie seine Aufgabe ist, Identifizierung, Schutz, Erhaltung und Erschliessung des in seinem Hoheitsgebiet befindlichen, in den Artikeln 1 und 2 bezeichneten Kultur‑ und Naturgutes sowie dessen Weitergabe an künftige Generationen sicherzustellen. Er wird hierfür alles in seinen Kräften Stehende tun, unter vollem Einsatz seiner eigenen Hilfsmittel und gegebenenfalls unter Nutzung jeder ihm erreichbaren internationalen Unterstützung und Zusammenarbeit, insbesondere auf finanziellem, künstlerischem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet.
Art. 5
Um zu gewährleisten, dass wirksame und aktive Massnahmen zum Schutz, zur Erhaltung und Erschliessung des in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kultur‑ und Naturgutes getroffen werden, wird sich jeder Vertragsstaat bemühen, soweit wie möglich und entsprechend den Gegebenheiten jedes Landes
(a) eine allgemeine Politik zu verfolgen, die darauf gerichtet ist, dem Kultur‑ und Naturgut eine Funktion im Leben der Gemeinschaft zu geben und den Schutz dieses Gutes in umfassende Planungsprogramme einzubeziehen;
(b) in seinem Hoheitsgebiet, sofern Dienststellen für Schutz, Erhaltung und Erschliessung des Kultur‑ und Naturgutes nicht vorhanden sind, eine oder mehrere derartige Dienststellen einzurichten, die über ein angemessenes Personal und die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel verfügen;
(c) wissenschaftliche und technische Untersuchungen und Forschungsarbeiten durchzuführen und Arbeitsmethoden zu entwickeln, die es dem Staat ermöglichen, die seinem Kultur‑ und Naturgut drohenden Gefahren zu bekämpfen;
(d) geeignete rechtliche, wissenschaftliche, technische, Verwaltungs‑ und finanzielle Massnahmen zu treffen, die zur Identifizierung, zum Schutz, zur Erhaltung, Erschliessung und Wiederherstellung dieses Gutes erforderlich sind, und
(e) die Errichtung oder den Ausbau nationaler oder regionaler Zentren zur Ausbildung auf dem Gebiet des Schutzes, der Erhaltung und Erschliessung des Kultur‑ und Naturgutes zu fördern und die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet zu unterstützen.
Art. 6
1. Unter voller Achtung der Souveränität der Staaten, in deren Hoheitsgebiet sich das in den Artikeln 1 und 2 bezeichnete Kultur‑ und Naturgut befindet, und unbeschadet der durch das innerstaatliche Recht gewährten Eigentumsrechte erkennen die Vertragsstaaten an, das dieses Gut ein Welterbe darstellt, zu dessen Schutz die internationale Staatengemeinschaft als Gesamtheit zusammenarbeiten muss.
2. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, im Einklang mit diesem Übereinkommen Hilfe bei Identifizierung, Schutz, Erhaltung und Erschliessung des in Artikel 11 Absätze 2 und 4 bezeichneten Kultur‑ und Naturgutes zu leisten, wenn die Staaten, in deren Hoheitsgebiet sich dieses Gut befindet, darum ersuchen.
3. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, alle vorsätzlichen Massnahmen zu unterlassen, die das in den Artikeln 1 und 2 bezeichnete, im Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten befindliche Kultur‑ und Naturgut direkt oder indirekt schädigen könnten.
Art. 7
Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet internationaler Schutz des Kultur‑ und Naturgutes der Welt die Einrichtung eines Systems internationaler Zusammenarbeit und Hilfe, das die Vertragsstaaten in ihren Bemühungen um die Erhaltung und Identifizierung dieses Gutes unterstützen soll.
III. Z Zwischenstaatliches Komitee für den Schutz des Kultur‑ und Naturgutes der Welt
Art. 8
1. Hiermit wird innerhalb der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur ein zwischenstaatliches Komitee für den Schutz des Kultur‑ und Naturgutes von aussergewöhnlichem universellem Wert mit der Bezeichnung «Komitee für das Erbe der Welt» errichtet. Ihm gehören 15 Vertragsstaaten an; sie werden von den Vertragsstaaten gewählt, die während der ordentlichen Tagung der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu einer Generalversammlung zusammentreten. Die Zahl der dem Komitee angehörenden Staaten wird auf 21 erhöht, sobald eine ordentliche Tagung der Generalkonferenz nach dem Zeitpunkt stattfindet, an dem das Übereinkommen für mindestens 40 Staaten in Kraft tritt.
2. Bei der Wahl der Komiteemitglieder ist eine ausgewogene Vertretung der verschiedenen Regionen und Kulturen der Welt zu gewährleisten.
3. Ein Vertreter des Internationalen Studienzentrums für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut (Studienzentrum Rom), ein Vertreter des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS) und ein Vertreter der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen (IUCN), sowie auf Verlangen der Vertragsstaaten, die während der ordentlichen Tagungen der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu einer Generalversammlung zusammentreten, Vertreter anderer zwischenstaatlicher oder nichtstaatlicher Organisationen mit ähnlichen Zielen nehmen in beratender Eigenschaft an den Sitzungen des Komitees teil.
Art. 9
1. Die Amtszeit der Mitgliedstaaten des Komitees für das Erbe der Welt beginnt mit Ablauf der ordentlichen Tagung der Generalkonferenz, auf der sie gewählt wurden, und endet mit Ablauf der dritten darauf folgenden ordentlichen Tagung.
2. Die Amtszeit eines Drittels der bei der ersten Wahl bestellten Mitglieder endet jedoch mit Ablauf der ersten ordentlichen Tagung der Generalkonferenz nach der Tagung, auf der sie gewählt wurden; die Amtszeit eines weiteren Drittels der zur selben Zeit bestellten Mitglieder endet mit Ablauf der zweiten ordentlichen Tagung der Generalkonferenz nach der Tagung, auf der sie gewählt wurden. Die Namen dieser Mitglieder werden vom Präsidenten der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur nach der ersten Wahl durch das Los ermittelt.
3. Die Mitgliedstaaten des Komitees wählen als ihre Vertreter Personen, die Sachverständige auf dem Gebiet des Kultur‑ oder des Naturgutes sind.
Art. 10
1. Das Komitee für das Erbe der Welt gibt sich eine Geschäftsordnung.
2. Das Komitee kann jederzeit Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts oder Einzelpersonen einladen, zur Konsultation über bestimmte Probleme an seinen Sitzungen teilzunehmen.
3. Das Komitee kann beratende Gremien einsetzen, die es zur Wahrnehmung seiner Aufgaben für erforderlich hält.
Art. 11
1. Jeder Vertragsstaat legt dem Komitee für das Erbe der Welt nach Möglichkeit ein Verzeichnis des in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kultur‑ und Naturgutes vor, das für eine Aufnahme in die in Absatz 2 vorgesehene Liste geeignet ist Dieses Verzeichnis, das nicht als erschöpfend anzusehen ist, enthält Angaben über Lage und Bedeutung des betreffenden Gutes.
2. Das Komitee wird aufgrund der von den Staaten nach Absatz 1 vorgelegten Verzeichnisse unter der Bezeichnung «Liste des Erbes der Welt» eine Liste des Kultur- und Naturgutes im Sinne der Artikel 1 und 2, das nach seiner Auffassung nach den von ihm festgelegten Massstäben von aussergewöhnlichem universellem Wert ist, aufstellen, auf dem neuesten Stand halten und veröffentlichen. Eine auf den neuesten Stand gebrachte Liste wird mindestens alle zwei Jahre verbreitet.
3. Die Aufnahme eines Gutes in die Liste des Erbes der Welt bedarf der Zustimmung des betreffenden Staates. Die Aufnahme eines Gutes, das sich in einem Gebiet befindet, über das von mehr als einem Staat Souveränität oder Hoheitsgewalt beansprucht wird, berührt nicht die Rechte der Streitparteien.
4. Das Komitee wird unter der Bezeichnung «Liste des gefährdeten Erbes der Welt» nach Bedarf eine Liste des in der Liste des Erbes der Welt aufgeführten Gutes, zu dessen Erhaltung grössere Massnahmen erforderlich sind und für das aufgrund dieses Übereinkommens Unterstützung angefordert wurde, aufstellen, auf dem neuesten Stand halten und veröffentlichen. Diese Liste hat einen Voranschlag der Kosten für derartige Massnahmen zu enthalten. In die Liste darf nur solches Kultur‑ und Naturgut aufgenommen werden, das durch ernste und spezifische Gefahren bedroht ist, z. B. Gefahr des Untergangs durch beschleunigten Verfall, öffentliche oder private Grossvorhaben oder rasch vorangetriebene städtebauliche oder touristische Entwicklungsvorhaben; Zerstörung durch einen Wechsel in der Nutzung des Grundbesitzes oder im Eigentum daran; grössere Veränderungen aufgrund unbekannter Ursachen; Eigentumsaufgabe aus irgendwelchen Gründen; Ausbruch oder Gefahr eines bewaffneten Konflikts; Natur‑ und sonstige Katastrophen; Feuersbrünste, Erdbeben, Erdrutsche; Vulkanausbrüche, Veränderungen des Wasserspiegels, Überschwemmungen und Flutwellen. Das Komitee kann, wenn dies dringend notwendig ist, jederzeit eine neue Eintragung in die Liste des gefährdeten Erbes der Welt vornehmen und diese Eintragung sofort bekannt machen.
5. Das Komitee bestimmt die Massstäbe, nach denen Kultur‑ und Naturgut in eine der in den Absätzen 2 und 4 dieses Artikels bezeichneten Listen aufgenommen werden kann.
6. Bevor das Komitee einen Antrag auf Aufnahme in eine der beiden in den Absätzen 2 und 4 dieses Artikels bezeichneten Listen ablehnt, konsultiert es den Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich das betreffende Kultur‑ oder Naturgut befindet.
7. Das Komitee koordiniert und fördert im Einvernehmen mit den betreffenden Staaten die Untersuchungen und Forschungsarbeiten, die zur Aufstellung der in den Absätzen 2 und 4 dieses Artikels bezeichneten Listen erforderlich sind.
Art. 12
Die Tatsache, dass ein Kultur‑ oder Naturgut in keine der in Artikel 11 Absätze 2 und 4 bezeichneten Listen aufgenommen wurde, darf keinesfalls so ausgelegt werden, als habe dieses Gut für andere als die sich aus der Aufnahme in diese Listen ergebenden Zwecke keinen aussergewöhnlichen universellen Wert.
Art. 13
1. Das Komitee für das Erbe der Welt nimmt die von Vertragsstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet befindliches Kultur‑ und Naturgut, das in die in Artikel 11 Absätze 2 und 4 bezeichneten Listen aufgenommen oder möglicherweise für eine Aufnahme geeignet ist, gestellten Anträge auf internationale Unterstützung entgegen und prüft sie. Derartige Anträge können gestellt werden, um den Schutz, die Erhaltung, die Erschliessung oder die Wiederherstellung dieses Gutes zu sichern.
2. Anträge auf internationale Unterstützung nach Absatz 1 dieses Artikels können auch die Identifizierung von Kultur‑ und Naturgut im Sinne der Artikel 1 und 2 zum Gegenstand haben, wenn Voruntersuchungen gezeigt haben, dass weitere Untersuchungen gerechtfertigt wären.
3. Das Komitee entscheidet über die hinsichtlich dieser Anträge zu treffenden Massnahmen, bestimmt gegebenenfalls Art und Ausmass seiner Unterstützung und genehmigt den Abschluss der in seinem Namen mit der beteiligten Regierung zu treffenden erforderlichen Vereinbarungen.
4. Das Komitee legt eine Rangordnung seiner Massnahmen fest. Dabei berücksichtigt es die Bedeutung des schutzbedürftigen Gutes für das Kultur‑ und Naturerbe der Welt, die Notwendigkeit, internationale Unterstützung für das Gut zu gewähren, das die natürliche Umwelt oder die schöpferische Kraft und die Geschichte der Völker der Welt am besten verkörpert, ferner die Dringlichkeit der zu leistenden Arbeit, die Mittel, die den Staaten, in deren Hoheitsgebiet sich das bedrohte Gut befindet, zur Verfügung stehen, und insbesondere das Ausmass, in dem sie dieses Gut mit eigenen Mitteln sichern können.
5. Das Komitee wird eine Liste des Gutes, für das internationale Unterstützung gewährt wurde, aufstellen, auf dem neuesten Stand halten und veröffentlichen.
6. Das Komitee entscheidet über die Verwendung der Mittel des nach Artikel 15 errichteten Fonds. Es erkundet Möglichkeiten, diese Mittel zu erhöhen, und trifft dazu alle zweckdienlichen Massnahmen.
7. Das Komitee arbeitet mit internationalen und nationalen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zusammen, deren Ziele denen dieses Übereinkommens gleichen. Zur Durchführung seiner Programme und Vorhaben kann das Komitee die Hilfe derartiger Organisationen, insbesondere des Internationalen Studienzentrums für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut (Studienzentrum Rom), des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS) und der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen (IUCN) sowie sonstiger Einrichtungen des öffentlichen und privaten Rechts und von Einzelpersonen in Anspruch nehmen.
8. Die Beschlüsse des Komitees bedürfen der Zweidrittelmehrheit seiner anwesenden und abstimmenden Mitglieder. Das Komitee ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist.
Art. 14
1. Dem Komitee für das Erbe der Welt steht ein Sekretariat zur Seite, das vom Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur bestellt wird.
2. Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur bereitet unter möglichst weitgehender Nutzung der Dienste des Internationalen Studienzentrums für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut (Studienzentrum Rom), des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS) und der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen (IUCN) in ihrem jeweiligen Zuständigkeits‑ und Fachbereich die Dokumentation des Komitees und die Tagesordnung seiner Sitzungen vor und ist für die Durchführung seiner Beschlüsse verantwortlich.
IV. Fonds für den Schutz des Kultur‑ und Naturgutes der Welt
Art. 15
1. Hiermit wird ein Fonds für den Schutz des Kultur‑ und Naturgutes der Welt von aussergewöhnlichem universellem Wert errichtet; er wird als «Fonds für das Erbe der Welt» bezeichnet.
2. Der Fonds stellt ein Treuhandvermögen im Sinne der Finanzordnung der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur dar.
3. Die Mittel des Fonds bestehen aus
(a) Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen der Vertragsstaaten;
(b) Beiträgen, Spenden oder Vermächtnissen geleistet von: (i) anderen Staaten,
(ii) der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, anderen Organisationen des Systems der Vereinten Nationen, insbesondere dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, sowie sonstigen zwischenstaatlichen Organisationen,
(iii) Einrichtungen des öffentlichen oder privaten Rechts oder Einzelpersonen;
(c) den für die Mittel des Fonds anfallenden Zinsen;
(d) Einnahmen aus Sammlungen und Veranstaltungen zugunsten des Fonds, und
(e) allen sonstigen Mitteln, die durch die vom Komitee für das Erbe der Welt für den Fonds aufgestellten Vorschriften zugelassen sind.
4. Beiträge an den Fonds und sonstige dem Komitee zur Verfügung gestellte Unterstützungsbeträge dürfen nur für die vom Komitee bestimmten Zwecke verwendet werden. Das Komitee kann Beiträge entgegennehmen, die nur für ein bestimmtes Programm oder Vorhaben verwendet werden sollen, sofern es die Durchführung dieses Programms oder Vorhabens beschlossen hat. An die dem Fonds gezahlten Beiträge dürfen keine politischen Bedingungen geknüpft werden.
Art. 16
1. Unbeschadet etwaiger zusätzlicher freiwilliger Beiträge verpflichten sich die Vertragsstaaten, regelmässig alle zwei Jahre an den Fonds für das Erbe der Welt Beiträge zu zahlen, deren Höhe nach einem einheitlichen, für alle Staaten geltenden Schlüssel errechnet und von der Generalversammlung der Vertragsstaaten festgesetzt wird, die während der Tagungen der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zusammentritt. Dieser Beschluss der Generalversammlung bedarf der Mehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten, die nicht die in Absatz 2 dieses Artikels genannte Erklärung abgegeben haben. Der Pflichtbeitrag der Vertragsstaaten darf 1 Prozent des Beitrages zum ordentlichen Haushalt der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur in keinem Fall überschreiten.
2. Ein in Artikel 31 oder 32 bezeichneter Staat kann jedoch bei der Hinterlegung seiner Ratifikations‑, Annahme‑ oder Beitrittsurkunde erklären, dass er durch Absatz 1 des vorliegenden Artikels nicht gebunden ist.
3. Ein Vertragsstaat, der die in Absatz 2 genannte Erklärung abgegeben hat, kann diese jederzeit durch eine an den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur gerichtete Notifikation zurücknehmen. Die Rücknahme der Erklärung wird jedoch für den Pflichtbeitrag des betreffenden Staates erst mit dem Zeitpunkt der nächsten Generalversammlung der Vertragsstaaten wirksam.
4. Um dem Komitee die wirksame Planung seiner Tätigkeit zu ermöglichen, sind die Beiträge von Vertragsstaaten, welche die in Absatz 2 genannte Erklärung abgegeben haben, regelmässig, mindestens jedoch alle zwei Jahre zu entrichten; sie sollen nicht niedriger sein als die Beiträge, die sie zu zahlen hätten, wenn Absatz 1 dieses Artikels für sie gelten würde.
5. Ein Vertragsstaat, der mit der Zahlung seiner Pflichtbeiträge oder seiner freiwilligen Beiträge für das laufende Jahr und das unmittelbar vorhergegangene Kalenderjahr im Rückstand ist, kann nicht Mitglied des Komitees für das Erbe der Welt werden; dies gilt jedoch nicht für die erste Wahl. Die Amtszeit eines solchen Staates, der bereits Mitglied des Komitees ist, endet im Zeitpunkt der in Artikel 8 Absatz 1 vorgesehenen Wahl.
Art. 17
Die Vertragsstaaten erwägen oder fördern die Errichtung nationaler Stiftungen oder Vereinigungen des öffentlichen und privaten Rechts, die den Zweck haben, Spenden für den Schutz des Kultur‑ und Naturgutes im Sinne der Artikel 1 und 2 dieses Übereinkommens anzuregen.
Art. 18
Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens unterstützen die unter der Schirmherrschaft der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zugunsten des Fonds für das Erbe der Welt durchgeführten internationalen Werbemassnahmen zur Aufbringung von Mitteln. Sie erleichtern die Sammlungen, die von den in Artikel 15 Absatz 3 bezeichneten Einrichtungen für diesen Zweck durchgeführt werden.
V. Voraussetzungen und Massnahmen der internationalen Unterstützung
Art. 19
Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens kann internationale Unterstützung für in seinem Hoheitsgebiet befindliches Kultur‑ oder Naturgut von aussergewöhnlichem universellem Wert beantragen. Mit seinem Antrag hat er alle in Artikel 21 genannten Informationen und Unterlagen vorzulegen, über die er verfügt und die es dem Komitee ermöglichen, einen Beschluss zu fassen.
Art. 20
Vorbehaltlich des Artikels 13 Absatz 2, des Artikels 22 Buchstabe (c) und des Artikels 23 kann die in diesem Übereinkommen vorgesehene internationale Unterstützung nur für solches Kultur‑ und Naturgut gewährt werden, dessen Aufnahme in eine der in Artikel 11 Absätze 2 und 4 bezeichneten Listen vom Komitee für das Erbe der Welt beschlossen wurde oder künftig beschlossen wird.
Art. 21
1. Das Komitee für das Erbe der Welt bestimmt das Verfahren, nach dem die an dieses gerichteten Anträge auf internationale Unterstützung behandelt werden, und schreibt vor, welche Einzelheiten ein solcher Antrag enthalten soll. Dieser muss die erwogenen Massnahmen, die erforderlichen Arbeiten, die voraussichtlichen Kosten, den Dringlichkeitsgrad und die Gründe, warum die Eigenmittel des antragstellenden Staates nicht zur Deckung aller Kosten ausreichen, umfassen. Den Anträgen sind, sofern irgend möglich, Sachverständigengutachten beizufügen.
2. Anträge aufgrund von Natur‑ oder sonstigen Katastrophen sollen wegen der gegebenenfalls erforderlichen dringlichen Arbeiten sofort und vorrangig vom Komitee erörtert werden; es soll für derartige Notfälle über einen Reservefonds verfügen.
3. Bevor das Komitee einen Beschluss fasst, führt es alle Untersuchungen und Konsultationen durch, die es für erforderlich hält.
Art. 22
Unterstützung durch das Komitee für das Erbe der Welt kann in folgender Form gewährt werden:
(a) Untersuchungen über die künstlerischen, wissenschaftlichen und technischen Probleme, die der Schutz, die Erhaltung, die Erschliessung und die Wiederherstellung des Kultur‑ und Naturgutes im Sinne des Artikels 11 Absätze 2 und 4 dieses Übereinkommens aufwerfen;
(b) Bereitstellung von Sachverständigen, Technikern und Facharbeitern, um sicherzustellen, dass die genehmigte Arbeit richtig ausgeführt wird;
(c) Ausbildung von Personal und Fachkräften aller Ebenen auf dem Gebiet der Identifizierung, des Schutzes, der Erhaltung, der Erschliessung und der Wiederherstellung des Kultur‑ und Naturgutes;
(d) Lieferung von Ausrüstungsgegenständen, die der betreffende Staat nicht besitzt oder nicht erwerben kann;
(e) Darlehen mit niedrigem Zinssatz oder zinslose Darlehen, die langfristig zurückgezahlt werden können;
(f) in Ausnahmefällen und aus besonderen Gründen Gewährung nicht rückzahlbarer Zuschüsse.
Art. 23
Das Komitee für das Erbe der Welt kann auch internationale Unterstützung für nationale oder regionale Zentren zur Ausbildung von Personal und Fachkräften aller Ebenen auf dem Gebiet der Identifizierung, des Schutzes, der Erhaltung, der Erschliessung und der Wiederherstellung des Kultur‑ und Naturgutes gewähren.
Art. 24
Einer gross angelegten internationalen Unterstützung müssen eingehende wissenschaftliche, wirtschaftliche und technische Untersuchungen vorausgehen. Diesen Untersuchungen müssen die fortschrittlichsten Verfahren für Schutz, Erhaltung, Erschliessung und Wiederherstellung des Natur‑ und Kulturgutes zugrunde liegen; sie müssen den Zielen dieses Übereinkommens entsprechen. Die Untersuchungen müssen auch Mittel und Wege erkunden, die in dem betreffenden Staat vorhandenen Hilfsquellen rationell zu nutzen.
Art. 25
In der Regel wird nur ein Teil der Kosten für die erforderliche Arbeit von der internationalen Gemeinschaft getragen. Der Beitrag des Staates, dem die internationale Unterstützung zuteil wird, muss einen wesentlichen Teil der für jedes Programm oder Vorhaben aufgewendeten Mittel darstellen, es sei denn, seine Mittel erlauben dies nicht.
Art. 26
Das Komitee für das Erbe der Welt und der Empfängerstaat, legen in dem von ihnen zu schliessenden Abkommen die Bedingungen für die Durchführung eines Programms oder Vorhabens fest, für das nach diesem Übereinkommen internationale Unterstützung gewährt wird. Es ist Aufgabe des Staates, der die internationale Unterstützung erhält, das betreffende Gut danach im Einklang mit diesem Übereinkommen zu schützen, zu erhalten und zu erschliessen.
VI. Erziehungsprogramme
Art. 27
1. Die Vertragsstaaten bemühen sich unter Einsatz aller geeigneten Mittel, insbesondere durch Erziehungs- und Informationsprogramme, die Würdigung und Achtung des in den Artikeln 1 und 2 bezeichneten Kultur‑ und Naturgutes durch ihre Völker zu stärken.
2. Sie verpflichten sich, die Öffentlichkeit über die diesem Gute drohenden Gefahren und die Massnahmen aufgrund dieses Übereinkommens umfassend zu unterrichten.
Art. 28
Die Vertragsstaaten, die internationale Unterstützung aufgrund dieses Übereinkommens erhalten, treffen geeignete Massnahmen, um die Bedeutung sowohl des Gutes, für das Unterstützung empfangen wurde, als auch der Unterstützung bekannt zu machen.
VII. Berichte
Art. 29
1. Die Vertragsstaaten machen in den Berichten, die sie der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu den von dieser festgesetzten Terminen in der von ihr bestimmten Weise vorlegen, Angaben über die von ihnen erlassenen Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften und über sonstige Massnahmen, die sie zur Anwendung dieses Übereinkommens getroffen haben, sowie über Einzelheiten der auf diesem Gebiet gesammelten Erfahrungen.
2. Die Berichte sind dem Komitee für das Erbe der Welt zur Kenntnis zu bringen.
3. Das Komitee legt auf jeder ordentlichen Tagung der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur einen Tätigkeitsbericht vor.
VIII. Schlussbestimmungen
Art. 30
Dieses Übereinkommen ist in arabischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.
Art. 31
1. Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation oder Annahme durch die Mitgliedstaaten der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur nach Massgabe ihrer verfassungsrechtlichen Verfahren.
2. Die Ratifikations‑ oder Annahmeurkunden werden beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt.
Art. 32
1. Dieses Übereinkommen liegt für alle Nichtmitgliedstaaten der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, die von der Generalkonferenz der Organisation hierzu aufgefordert werden, zum Beitritt auf.
2. Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur.
Art. 33
Dieses Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikations‑, Annahme‑ oder Beitrittsurkunde in Kraft, jedoch nur für die Staaten, die bis zu diesem Tag ihre Ratifikations‑, Annahme‑ oder Beitrittsurkunde hinterlegt haben. Für jeden anderen Staat tritt es drei Monate nach Hinterlegung seiner Ratifikations‑, Annahme‑ oder Beitrittsurkunde in Kraft.
Art. 34
Folgende Bestimmungen gelten für die Vertragsstaaten, die ein bundesstaatliches oder nicht einheitsstaatliches Verfassungssystem haben:
(a) Hinsichtlich derjenigen Bestimmungen dieses Übereinkommens, deren Durchführung in die Zuständigkeit des Bundes‑ oder Zentral‑Gesetzgebungsorgans fällt, sind die Verpflichtungen der Bundes‑ oder Zentralregierung dieselben wie für diejenigen Vertragsstaaten, die nicht Bundesstaaten sind;
(b) hinsichtlich derjenigen Bestimmungen dieses Übereinkommens, deren Durchführung in die Zuständigkeit eines einzelnen Gliedstaats, eines Landes, einer Provinz oder eines Kantons füllt, die nicht durch das Verfassungssystem des Bundes verpflichtet sind, gesetzgeberische Massnahmen zu treffen, unterrichtet die Bundesregierung die zuständigen Stellen dieser Staaten, Länder, Provinzen oder Kantone von den genannten Bestimmungen und empfiehlt ihnen ihre Annahme.
Art. 35
1. Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens kann dieses kündigen.
2. Die Kündigung wird durch eine Urkunde notifiziert, die beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt wird.
3. Die Kündigung wird zwölf Monate nach Eingang der Kündigungsurkunde wirksam. Sie lässt die finanziellen Verpflichtungen des kündigenden Staates bis zu dem Tag unberührt, an dem der Rücktritt wirksam wird.
Art. 36
Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur unterrichtet die Mitgliedstaaten der Organisation, die in Artikel 32 bezeichneten Nichtmitgliedstaaten der Organisation sowie die Vereinten Nationen von der Hinterlegung aller Ratifikations‑, Annahme‑ oder Beitrittsurkunden nach den Artikeln 31 und 32 und von den Kündigungen nach Artikel 35.
Art. 37
1. Dieses Übereinkommen kann von der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur revidiert werden. Jede Revision ist jedoch nur für diejenigen Staaten verbindlich, die Vertragsparteien des Revisionsübereinkommens werden.
2. Beschliesst die Generalkonferenz ein neues Übereinkommen, das dieses Übereinkommen ganz oder teilweise revidiert, so liegt dieses Übereinkommen, sofern nicht das neue Übereinkommen etwas anderes bestimmt, vom Tag des Inkrafttretens des neuen Revisionsübereinkommens an nicht mehr zur Ratifikation, zur Annahme oder zum Beitritt auf.
Art. 38
Auf Ersuchen des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur wird dieses Übereinkommen nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen² beim Sekretariat der Vereinten Nationen registriert.
² SR 0.120
Unterschriften
Geschehen zu Paris am dreiundzwanzigsten November 1972 in zwei authentischen Ausfertigungen, die mit den Unterschriften des Präsidenten der 17. Tagung der Generalkonferenz und des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur versehen sind und im Archiv der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt werden; allen in den Artikeln 3 1 und 3 2 bezeichneten Staaten sowie den Vereinten Nationen werden beglaubigte Abschriften übermittelt.
Der Präsident der Generalkonferenz: Toru Haguiwara | Der Generaldirektor: René Maheu |