Gesetz über Ausbildungsbeiträge
                            Gesetz  über Ausbildungsbeiträge  (Stipendiengesetz)  vom 20. März 2017 (Stand 1. Januar 2018)  Der Kantonsrat von Appenzell Ausserrhoden,  gestützt auf Art. 38 und 74 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Appenzell  Ausserrhoden vom 30. April 1995  1  )  ,  beschliesst:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen  (1.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 1 Grundsatz
                            1  Der Kanton gewährt Ausbildungsbeiträge in Form von Stipendien und Dar  -  lehen, wenn die finanziellen Verhältnisse der Person in Ausbildung, ihrer El  -  tern oder anderer gesetzlich Verpflichteter nicht ausreichen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 2 Zweck
                            1  Ausbildungsbeiträge sollen den Zugang zur Bildung erleichtern, die Chan  -  cengleichheit fördern und die Existenzsicherung während der Ausbildung un  -  terstützen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Bei der Gewährung von Ausbildungsbeiträgen soll die freie Wahl der Aus  -  bildung und der Ausbildungsstätte gewährleistet werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 3 Begriffe
                            1  Stipendien sind einmalige oder wiederkehrende Geldleistungen, die für die  Ausbildung ausgerichtet werden und in der Regel nicht zurückzuzahlen sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1)  bGS  111.1  * vgl. Änderungstabelle am Schluss des Erlasses
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Darlehen sind einmalige oder wiederkehrende Geldleistungen, die für die  Ausbildung ausgerichtet werden und in der Regel zurückzuzahlen und zu  verzinsen sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2. Abschnitt: Beitragsberechtigung  (2.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 4 Grundsatz
                            1  Anspruch auf Ausbildungsbeiträge hat, wer  a)  nach der interkantonalen Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbil  -  dungsbeiträgen zu den beitragsberechtigten Personen  1  )   gehört und im  Kanton stipendienrechtlichen Wohnsitz  2  )   hat,  b)  im Sinne dieses Gesetzes eine beitragsberechtigte Ausbildung absol  -  viert und  c)  einen finanziellen Bedarf nachweist.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 5 Beitragsberechtigte Ausbildungen
                            1  Ausbildungsbeiträge werden gewährt für Erst- und Zweitausbildungen, die  zu einem anerkannten Abschluss auf folgenden Ausbildungsstufen führen:  a)  Sekundarstufe II (Brückenangebote, berufliche Grundbildung und Mit  -  telschulen) sowie Passerellen;  b)  Hochschulen;  c)  höhere Berufsbildung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die Gewährung  von  Ausbildungsbeiträgen  setzt  voraus, dass die Auf  -  nahme- oder Promotionsbedingungen erfüllt werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Keine Ausbildungsbeiträge werden ausgerichtet für Ausbildungen, die nach  einer Zweitausbildung absolviert werden, sowie für Weiterbildungen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4  Ausbildungen im Ausland sind beitragsberechtigt, wenn sie entsprechen  -  den Ausbildungen in der Schweiz gleichwertig sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 5 der Interkantonalen Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträ -
                            gen, abgekürzt Stipendien-Konkordat (bGS  415.20  )
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2)  Art. 6 des Stipendien-Konkordats (bGS  415.20  )
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            5  Ist die frei gewählte Ausbildung nicht die kostengünstigste, können Ausbil  -  dungsbeiträge angemessen gekürzt werden. Dabei sind mindestens jene  anrechenbaren persönlichen Kosten zu berücksichtigen, die auch bei der  kostengünstigsten Lösung anfallen würden.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 6 Erst- und Zweitausbildung
                            1  Die Erstausbildung umfasst die erste formale und anerkannte Ausbildung  nach der obligatorischen Schule sowie weiterführende Ausbildungen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Eine Zweitausbildung liegt vor, soweit eine Ausbildung nicht auf  einem in  der Erstausbildung erworbenen Abschluss  aufbaut. Sie kann weiterführende  Ausbildungen umfassen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 7 Form der Beitragsgewährung
                            1  Ausbildungsbeiträge für die Erstausbildung werden als Stipendien ausge  -  richtet. Für die Erstausbildung an Hochschulen und in der höheren Berufsbil  -  dung können ergänzend Darlehen gewährt werden; für Doktoratsausbildun  -  gen werden Darlehen, aber keine Stipendien gewährt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Wird die Erstausbildung oder ein Teil davon nach dem 40. Lebensjahr be  -  gonnen, wird der Ausbildungsbeitrag grundsätzlich als Darlehen ausgerich  -  tet. Der Regierungsrat kann Ausnahmen festlegen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Ausbildungsbeiträge für die Zweitausbildung werden grundsätzlich als Dar  -  lehen gewährt. Der Regierungsrat kann Ausnahmen festlegen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 8 Dauer der Beitragsberechtigung
                            1  Ausbildungsbeiträge werden für die ordentliche Ausbildungsdauer und ma  -  ximal zwei Semester darüber hinaus gewährt. Einjährige Ausbildungen sind  nur während der ordentlichen Ausbildungsdauer beitragsberechtigt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Auf schriftliches Gesuch hin können ausnahmsweise über die in Abs. 1 ge  -  nannte   Dauer   hinaus  Ausbildungsbeiträge   gewährt   werden,   namentlich  wenn sich der Abschluss der Ausbildung aus sozialen, wirtschaftlichen, fami  -  liären oder gesundheitlichen Gründen verzögert hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 9 Wechsel der Ausbildung vor Abschluss
                            1  Bei einem Wechsel der Ausbildung bleibt der Anspruch auf Ausbildungsbei  -  träge bestehen. Die Dauer der Beitragsberechtigung richtet sich nach der  neuen Ausbildung. In begründeten Fällen kann die Dauer der Beitragsbe  -  rechtigung angemessen gekürzt werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Wird die Ausbildung auf der gleichen Ausbildungsstufe zum zweiten Mal  gewechselt, erlischt der Anspruch auf Stipendien. Der Anspruch auf Darle  -  hen bleibt bestehen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 10 Finanzieller Bedarf
                            1  Der finanzielle Bedarf umfasst die für die Lebenshaltung und Ausbildung  notwendigen Kosten, sofern und soweit diese die zumutbare Eigenleistung  der Person in Ausbildung und die zumutbaren Fremdleistungen ihrer Eltern  oder anderer gesetzlich Verpflichteter übersteigen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3. Abschnitt: Berechnung von Ausbildungsbeiträgen  (3.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 11 Bemessungsgrundsatz
                            1  Ausbildungsbeiträge stellen einen Beitrag an den finanziellen Bedarf der  Person in Ausbildung dar.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 12 Zumutbare Eigenleistung
                            1  Die zumutbare Eigenleistung bemisst sich nach Vermögen und Einkommen  der Person in Ausbildung. Als minimale Eigenleistung kann ein hypotheti  -  sches Einkommen angerechnet werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Bei der Bemessung der zumutbaren Eigenleistung ist der Struktur der Aus  -  bildung Rechnung zu tragen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 13 Zumutbare Fremdleistung
                            1  Als zumutbare Fremdleistung darf höchstens jener Einkommensteil ange  -  rechnet werden, der den Grundbedarf der leistungspflichtigen Person oder  ihrer Familie übersteigt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Auf die Anrechnung der zumutbaren Leistungen der Eltern wird teilweise  verzichtet, wenn die gesuchstellende Person:  a)  eine erste Ausbildung abgeschlossen hat, die zur Berufsausübung be  -  fähigt, und entweder mindestens 25 Jahre alt ist oder vor Beginn der  neuen Ausbildung während mindestens zwei Jahren durch eigene Er  -  werbstätigkeit finanziell unabhängig war;  b)  ohne abgeschlossene Ausbildung im Sinne von lit. a ist und während  vier Jahren aufgrund von Erwerbstätigkeit, Führung eines eigenen  Haushaltes mit Unmündigen oder Pflegebedürftigen, Militär- und Zivil  -  dienst oder Arbeitslosigkeit finanziell von den Eltern unabhängig war;  c)  verheiratet ist oder in eingetragener Partnerschaft lebt;  d)  Kinder hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 14 Berechnungsgrundlagen
                            1  Massgebend für die Berechnung des finanziellen Bedarfs sind die tatsächli  -  chen Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Diese werden in der Regel aufgrund der letzten rechtskräftigen Steuerver  -  anlagung erhoben.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 15 Berechnung des finanziellen Bedarfs
                            1  Der Regierungsrat regelt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben die Be  -  rechnung des finanziellen Bedarfs. Er kann Pauschalen festlegen und Ansät  -  ze, insbesondere für die anerkannten Ausbildungs- und Lebenshaltungskos  -  ten sowie die zumutbaren Eigen- und Fremdleistungen vorsehen. Weiter  kann er für Einkommen und Vermögen Freibeträge festlegen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4. Abschnitt: Gewährung von Ausbildungsbeiträgen  (4.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 16 Höchstansätze Stipendien
                            1  Es werden maximal folgende Jahresstipendien gewährt:  a)  12'000 Franken für beitragsberechtigte Personen in Ausbildung auf der  Sekundarstufe II;  b)  16'000 Franken in den übrigen Fällen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Muss die beitragsberechtigte Person für den Unterhalt von Kindern auf  -  kommen, erhöht sich der Maximalbetrag um 4'000 Franken pro Kind.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 17 Höchstansätze Darlehen
                            1  Es werden maximal folgende Darlehen gewährt:  a)  10'000 Franken pro Ausbildungsjahr, wenn der beitragsberechtigten  Person zugleich Stipendien gewährt werden;  b)  16'000 Franken pro Ausbildungsjahr in den übrigen Fällen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Pro beitragsberechtigte  Person wird  maximal ein Gesamtdarlehen von
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            64'000 Franken gewährt.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 18 Härtefälle
                            1  Um Härtefälle zu vermeiden, können Darlehen in Abweichung von der Be  -  rechnung des finanziellen Bedarfs gewährt werden, sofern die übrigen An  -  spruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            5. Abschnitt: Rückerstattung von Ausbildungsbeiträgen und  Verzinsung  (5.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 19 Rückerstattung von Stipendien
                            1  Stipendien sind zurückzuerstatten, wenn sie durch falsche oder unvollstän  -  dige Angaben erwirkt oder ihrem Zweck entfremdet wurden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Bei einem Abbruch der Ausbildung sind die für die restliche Ausbildungszeit  ausbezahlten   Stipendien   zurückzuerstatten.   In   Härtefällen   kann   auf  die  Rückerstattung verzichtet werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Der  Anspruch   auf   Rückerstattung   erlischt,   wenn   er   nicht   innert   eines  Jahres seit Kenntnis des Rückerstattungsgrundes geltend gemacht wird. Er  erlischt in jedem Fall zehn Jahre nach der Beitragsauszahlung.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 20 Rückzahlung von Darlehen
                            1  Darlehen sind innerhalb von zehn Jahren seit Abschluss oder Abbruch der  Ausbildung zurückzubezahlen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  In begründeten Fällen kann die Rückzahlungsfrist um maximal fünf Jahre  verlängert werden. Es können Abzahlungspläne mit Teilzahlungen festgelegt  werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  In Härtefällen kann auf die Rückzahlung von Darlehen ganz oder teilweise  verzichtet werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4  Vorbehalten bleibt die Rückforderung von Darlehen, die durch falsche oder  unvollständige Angaben erwirkt oder ihrem Zweck entfremdet wurden.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 21 Verzinsung
                            1  Darlehen sind nach Ablauf von zwei Jahren seit Abschluss oder Abbruch  der Ausbildung zu verzinsen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  In Härtefällen kann auf die Zinszahlung ganz oder teilweise verzichtet wer  -  den.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 22 Stillstand
                            1  Wird  bei   ausstehender   Darlehensschuld   eine   neue   beitragsberechtigte  Ausbildung absolviert, so richten sich Rückzahlungs- und Zinspflicht des ge  -  samten Darlehensbetrags nach dem Zeitpunkt des Abschlusses oder Ab  -  bruchs der neuen Ausbildung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            6. Abschnitt: Verfahren  (6.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 23 Mitwirkungspflichten
                            1  Wer Ausbildungsbeiträge beansprucht, ist zur vollständigen und wahrheits  -  getreuen Auskunft über die massgebenden Tatsachen verpflichtet. Wesentli  -  che Änderungen sind unaufgefordert und unverzüglich zu melden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Ausbildungsbeiträge können im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflich  -  ten gekürzt sowie ganz oder teilweise widerrufen werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Wer in grober Weise oder wiederholt gegen Mitwirkungspflichten verstösst,  kann von jeder weiteren Beitragsberechtigung ausgeschlossen werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 24 Datenbearbeitung und Amtshilfe
                            1  Die Verwaltungs- und Rechtspflegebehörden von Kanton und Gemeinden  erteilen unentgeltlich die zur Prüfung von Beitragsgesuchen erforderlichen  Auskünfte.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Im Rahmen des gesetzlichen Auftrages kann die AHV-Versichertennummer  zur systematischen Datenverarbeitung verwendet werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            7. Abschnitt: Schluss- und Übergangsbestimmungen  (7.)
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 25 Vollzugsrecht
                            1  Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Ausführungsvorschriften.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 26 Teuerung
                            1  Der Regierungsrat kann die Maximalbeträge für Stipendien und Darlehen  an die Teuerung anpassen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Art. 27 Übergangsbestimmungen
                            1  Dieses Gesetz ist auf alle Gesuche anzuwenden, die nach dessen Inkraft  -  treten eingereicht werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Für die Verzinsung und Rückzahlung altrechtlicher Darlehen gilt neues  Recht, sofern es für die Betroffenen günstiger ist.